Gastrointestinale Manifestationen der Borreliose.
Steere et al (1) berichtete bereits 1983 über gastrointestinale Symptome bei Borreliose (in dieser Arbeit insbesondere auch Hinweis auf Erhöhung der lebertypischen Enzyme bei Borreliose).
Zwischenzeitlich weiss man jedoch, dass Zecken nicht nur Borrelien, sondern eine ganze Reihe weiterer Erreger übertragen können.
Eine Übersicht dieser Erreger findet sich bei Zaidi und Singer (2):
In einer in (2) enthaltenen tabellarischen Darstellung kann man erkennen, dass sowohl Borrelien als auch alle genannten zeckenübertragenen Erreger Magen-Darm-Symptome verursachen können, wobei die klinischen Symptome sehr ähnlich bzw. überlappend sein können
Mögliche gastrointestinale Symptome:
Gewichtsabnahme, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerz, Durchfall, Leber- u. Milzvergrösserung, Gelbsucht (erhöhtes Bilirubin), Erhöhung lebertypischer Enzyme.
Bezüglich der Häufigkeit der einzelnen Symptome bei den einzelnen Erkrankungen darf ich auf Tabelle 1 in (2) verweisen:
Ehrlichiose (E): – klinische Fälle wurden in Europa seither nur ganz vereinzelt berichtet;
Ehrlichien, die eigentlichen Krankheitserreger, sind mit Rickettsien verwandt; man unterscheidet beim Menschen eine granulocytäre und eine monocytäre Form d. E.; neben Fieber, Kopf- u. Muskelschmerzen sind Transaminasenerhöhungen sehr charakteristisch, daneben Leukopenie u.Thrombocytopenie.
Tularämie (T) (auch „Hasenpest“), Erreger: Francisella tularensis;
Hauptreservoir sind Wildhasen und andere Nager; es gibt mehrere Übertragungswege:
Der Erreger des Q-Fiebers ist Coxiella burnetti; Diagnose-Sicherung ist in aller Regel serologisch möglich; die akute Form verläuft meist als hochfieberhaftes Krankheitsbild mit Kopf- u. Gliederschmerz, gelegentlich als atyp. Pneumonie, als Komplikation kann eine granulomatöse Hepatitis auftreten, Lit. s. auch (3) u.(4)
Alle genannten Erreger können also durch Zecken übertragen werden und können gastrointestinale Symptome verursachen. Je nach klinischem Bild sollten o.g. Infektionen differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden.
Doch nun zum eigentlichen Thema:
Gleichzeitige gastrointestinale Infektionen verschiedener Erreger einschließlich Borreliose.
Bereits 1996 veröffentlichten Fried, Duray u. Pietrucha einen wissenschaftlichen Artikel über krankhafte Veränderungen des Magen-Darmtraktes bei Kindern, welche an einer Borreliose litten (5).
Weitere wissenschaftliche Publikationen derselben Autorengruppe zum selben Thema folgten 1999 u. 2002. (6) u. (7)
In 2002 wurde ebenfalls von Fried u. Kollegen eine Arbeit veröffentlicht, worin Bartonella henselae assoziiert wurde mit gastrointestinalen Symptomen wie Sodbrennen, Bauchschmerz, mesenterialer Lymphadenitis, Gastritis und Duodenitis, aber auch Hautrötungen(8).
Bartonella henselae ist ansonsten als Erreger der Katzenkratzkrankheit bekannt.
Die weitere Arbeit zu diesem Thema erschien im Nov. 2004 (9), veröffentlicht von Fried, Adelson u. Eli Mordechai (einem Mikrobiologen u. Molekulargenetiker). Darin wird über das Vorkommen und die Häufigkeit von vier in diesem Zusammenhang untersuchten Erregern berichtet nämlich:
Untersucht wurden 81 Patienten im Alter von 8-21 Jahren. Sie waren von Ihren behandelnden Ärzten bzw. Kinderärzten zur stationären Abklärung eingewiesen worden. Das Beschwerdespektrum bzw. Diagnosespektrum bei Einweisung reichte von chronischem Bauchschmerz, Blut im Stuhl, gastroösophagealem Reflux mit Sodbrennen, Cöliakie über Morbus Crohn bis zur Gedeihstörung bzw. Gewichtsabnahme.
Alle Patienten wurden klinisch und laborchemisch untersucht einschließlich Bestimmung von Antikörpern gegen genannte Erreger. Sie wurden auch entweder ösophagogastroduodenoskopiert oder koloskopiert, aus daraus gewonnenen Schleimhautbiopsien wurden PCR-Tests auf o.g. Erreger durchgeführt, lediglich der Nachweis von Helicobacter erfolgte lichtmikroskopisch aus Biopsien des oberen Magen-Darm-Traktes.
Bei der DNA-Analyse für Borrelia-burgdorferi wurden Primer speziell für das OSP-A und chromosomale LY1-Gen verwendet.
Zur Bestimmung von Bartonella und Mykoplasma fermentans wurden ribosomale RNA-Gene untersucht.
Bei Verdacht auf Gallenblasen- oder Gallengangs- Beteiligung wurden ergänzend auch sonographische Untersuchungen des Abdomens durchgeführt.
Bei Verdacht auf Appendizitis oder mesenteriale Lymphadenitis führte man computertomographische Untersuchungen (CT) des Abdomens durch, sowie Stuhluntersuchungen auf okkultes Blut, Chlostridium difficile-Toxine, Salmonella, Shigella, Yersinia,
Campylobakter, E.Coli, Wurmeier und Elisa-Antigen-Tests gegen Lamblien.
Schleimhautbiopsien wurden aus entzündlich veränderten Schleimhautarealen entnommen, entweder bei der Magenspiegelung (Ösophago-gastro-duodenoskopie) oder Darmspiegelung (Coloskopie).
Ergebnisse:
Auf Grund dieser Studie erweist sich Bartonella henselae als das am häufigsten krankmachende Agens im untersuchten Patientengut.
Bei Pat. mit chronischen Magen-Darm- und evtl. multisystemischen Beschwerden ist deshalb an das Vorkommen genannter Erreger zu denken.
Bei der Abklärung von chronischen Magen-Darm–Beschwerden sind endoskopische Untersuchungen mit Biopsieentnahme und daraus DNA-Analysen auf die genannten Erreger (mittels PCR-Methode) zur Diagnosesicherung empfehlenswert.
Dies gilt insbesondere wenn zusätzlich neurologische Symptome oder Arthralgien vorliegen oder die Standarddiagnostik nicht zu einem Ergebnis geführt hat.
Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte aber berücksichtigt werden, dass die PCR-Methode nicht hundertprozentig sensitiv ist; Negativ-Ergebnisse dürfen deshalb nicht dazu dienen eine klinische und womöglich serologische oder auch anamnestisch vermutete Diagnose auszuschliessen.
Um das Thema abzurunden und quasi denjenigen Patienten gerecht zu werden, die gleichzeitig Gelenkschmerzen (Arthralgien) beklagen, möchte ich auf den „Forschungsbericht 2001“ der Abteilung Rheumatologie der medizinischen Hochschule Hannover hinweisen (Direktor: Prof. Henning Zeidler) (10).
Hier wurde eine besondere Patientengruppe, nämlich Patienten mit sogenannter „früher undifferenzierter Oligoarthritis“, ebenfalls mit Hilfe der PCR-Methode auf
(Zur Erläuterung: nur 40 – 50% der Patienten, die eine Oligoarthritis (Entzündung von 1-4 Gelenken) entwickeln, können im ersten Krankheitsjahr einer definierten rheumatischen Erkrankung zugeordnet werden. Die übrigen werden als sogenannte „undifferenzierte Arthritis“ klassifiziert. In dieser Patientengruppe finden sich viele Merkmale, die an infektreaktive Arthritiden und Spondarthritiden erinnern, wie z. B. eine Häufung des Erbmerkmals HLA-B27, ein bevorzugter Befall der unteren Extremität oder eine Beteiligung des Achsenskeletts.)
In der Zeit von 1994 – 97 wurden 52 Patienten rekrutiert. Den Einschlusskriterien entsprechend war bei allen Patienten die Borreliose-Serologie und die ebenfalls bestimmte Chlamydien-DNA in Morgenurin negativ, da die Erkrankung sonst bereits als Lyme-Arthritis bzw. Chlamydien -induzierte -Arthritis klassifiziert worden wäre.
Diese Ergebnisse belegen, dass bei ca. 1/3 der Patienten mit undifferenzierter Arthritis mittels moderner molekularer Methoden eine auslösende Infektion entweder mit Chlamydia trachomatis oder Borrelia burgdorferi nachweisen lässt.
Sie belegen desweiteren auch die Existenz seronegativer Borreliose-Fälle.
Literatur:
(1): Steere AC, Bartenhagen NH, Craft JE, et al. The early clinical manifestations of Lyme disease. Ann Intern Med 1983; 99: 76-82
(2) :) Zaidi SA, Singer C. Gastrointestinal and hepatic manifestations of tickborne diseases in the United States.
Clin Infect Dis. 2002 May 1;34(9):1206-12. Epub 2002 Apr 2. Review.
(3) Kimmig P., Hassler D., Braun R.: Zecken, Kleiner Stich mit bösen Folgen, Verlag Ehrenwirth Ratgeber, 2000 ISBN 3-431-04018-7
(4) Dupont HT, Raoult D Brouqui P et al: Epidemiologic features and clinical presentations of acute Q fever in hositalized patients: 323 French cases, Am J Med 1992; 93: 427-34.
(5) Fried MD. Duray P, Pietrucha D. Gastrointestinal Pathology in children with Lyme Disease. J Spirochetal and Tick-Borne Diseases, 1996; 3: 101-104.
(6) Fried MD, Abel M, Pietrucha D, Yen-Hong K, Ball A. The spectrum of gastrointestinal manifestations in children aund adolescents with Lyme disease. J Spirochetal and Tick-Borne Diseases, 1999; 6: 89-93
(7) Martin D. Fried, MD; Dorothy Pietrucha, MD; Gaye Madigan, RN; and Aswine Bal, MD. Borrelia burgdorferi Persists in the Gastrointestinal tract of Children and Adolescents with Lyme Disease. Journal of Spirochetal and Tick- Borne Diseases. Vol. 9, No. 1, 2002. pp. 11-15.
(8) Fried MD, Schairer J, Madigan G, Ball A. Bartonella henselae is associated with heartburn, abdominal pain, skin rash, mesenteric adenitis, gastritis and duodenitis. J Pediatr. Gastroenterol. Nutr. 2002; 35:3 Abstract 158
(9) Fried MD, Adelson ME, Mordechai E: Simultaneous Gastrointestinal Infections in Children and Adolescnts, Practical Gastroenterology, November 2004 87-80.
(10) „Forschungsbericht 2001“ der Abteilung Rheumatologie der medizinischen Hochschule Hannover hinweisen (Direktor: Prof. Henning Zeidler)
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